Freitag, 27. September 2024

Was ist Demenz eigentlich – und wer bin ich ohne Kaffee? ☕️

 


Bist du heute schon mal in den falschen Raum gegangen und hast vergessen, warum du da bist? Willkommen im Club! Solche kleinen Aussetzer kennen wir alle. Doch während diese Momente für uns harmlos sind, zeigt sich Demenz ganz anders – tiefgreifender, bedrohlicher und unvorhersehbarer.

Seit Jahren setze ich mich intensiv mit dem Thema Demenz auseinander, nicht nur beruflich, sondern auch persönlich. Mein Buch „Unser Leben zu dritt, die Demenz, er und ich“ erzählt von der Zeit, als ich selbst als pflegende Angehörige vor den schier unüberwindbaren Herausforderungen stand, die diese Erkrankung mit sich bringt. Genau deshalb engagiere ich mich heute ehrenamtlich und unterstütze Menschen, die sich in ähnlichen Situationen befinden. Denn ich weiß, wie es ist, wenn man am Ende seines Lateins angelangt ist.

Demenz – Ein Blick hinter die Kulissen

Demenz ist kein einzelnes Krankheitsbild, sondern ein Überbegriff für verschiedene Erkrankungen, die das Gehirn betreffen und nach und nach die Persönlichkeit verändern. Für die Betroffenen ist das eine herausfordernde Reise, die das Leben komplett auf den Kopf stellt – und für Angehörige nicht minder.

Die häufigsten Demenzformen:

  • Alzheimer-Demenz: Die bekannteste Form beginnt schleichend. Anzeichen wie Gedächtnislücken und Orientierungslosigkeit werden oft erst spät als Krankheitssymptome erkannt. Angehörige müssen nicht nur den Menschen, den sie lieben, langsam loslassen, sondern auch den Alltag neu erfinden.
  • Vaskuläre Demenz: Sie tritt häufig nach Schlaganfällen auf und kann plötzlich und unberechenbar verlaufen. Dies stellt Betroffene und ihre Angehörigen vor besondere Herausforderungen. Besonders schwierig ist die Unvorhersehbarkeit der Symptome, die von einem Tag auf den anderen auftreten können.
  • Frontotemporale Demenz: Diese Form trifft oft Menschen in jüngeren Jahren und bringt dramatische Persönlichkeitsveränderungen mit sich. Was früher selbstverständlich war, ist plötzlich weg – vom respektvollen Umgang bis hin zu grundlegenden sozialen Regeln.

Lästig, laut und engagiert – für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen

In meiner ehrenamtlichen Tätigkeit setze ich mich seit Jahren mit vollem Herzen für Angehörige von Menschen mit Demenzdiagnose ein. Dabei habe ich gelernt, dass es manchmal notwendig ist, lästig und herausfordernd zu sein, besonders gegenüber denjenigen, die an den Stellschrauben drehen können, um Dinge zu verändern.

Es geht darum, gehört zu werden und die Bedürfnisse der Pflegenden sichtbar zu machen. Genau das treibt mich an: Wenn sich eine Tür schließt, klopfe ich so lange an, bis sie wieder aufgemacht wird – für all jene, die oft keine Stimme haben, weil sie im täglichen Strudel der Pflege untergehen.

Wer bin ich ohne Kaffee – und was hat das mit Demenz zu tun?

Vielleicht fragst du dich, was das alles mit dem Kaffee zu tun hat. Stell dir vor, deine alltäglichen Routinen und Strukturen brechen plötzlich weg – wie eine Tasse Kaffee, die dir plötzlich nicht mehr schmeckt. Genau das erleben Menschen mit Demenz täglich: Sie verlieren ihre Gewohnheiten, ihre Erinnerungen und ein Stück weit auch sich selbst.

Als pflegende Angehörige habe ich das selbst erfahren. Der Mensch, den man liebt, verändert sich. Plötzlich sitzt man einem Fremden gegenüber, der sich nicht mehr an die gemeinsamen Urlaube erinnert oder plötzlich aggressiv auf Kleinigkeiten reagiert. Das schmerzt, macht hilflos und manchmal auch wütend.

Alltag als pflegende Angehörige – ein Balanceakt auf Messers Schneide

Pflegende Angehörige leisten jeden Tag Übermenschliches, und ich weiß aus eigener Erfahrung, wie schmal der Grat ist, auf dem man dabei balanciert. Die täglichen Herausforderungen sind vielfältig:

  • Struktur schaffen: Die Tage sind voller Aufgaben, und oft bleibt keine Zeit für sich selbst. Die Organisation von Arztterminen, die Medikamentengabe und die Pflege lassen kaum Raum für Pausen.
  • Emotionales Auf und Ab: Man schwankt zwischen Hoffnung, Frustration und stiller Trauer. Besonders schwer ist der Umgang mit der Veränderung der geliebten Person. Man sieht jemanden, den man kennt, aber er ist nicht mehr derselbe.
  • Unsichtbare Trauer: Angehörige trauern um die Person, die noch physisch da ist, aber in ihrem Wesen immer mehr verschwindet. Diese stille, unsichtbare Trauer kann enorm belasten und wird oft nicht als solche anerkannt.

Gemeinsam statt einsam – wie du pflegende Angehörige unterstützen kannst

Viele Menschen wissen nicht, wie sie Angehörige von Demenzkranken unterstützen können. Oft sind es die kleinen Gesten, die Großes bewirken:

  • Aktiv zuhören: Manchmal hilft es schon, einfach nur zuzuhören und den Frust rauszulassen. Ein offenes Ohr ist oft mehr wert als jedes Hilfsangebot.
  • Konkrete Hilfe anbieten: Statt zu sagen „Melde dich, wenn du etwas brauchst“, biete konkrete Hilfe an. Ob Einkäufe, kleine Reparaturen oder die Übernahme eines Termins – das nimmt Last von den Schultern.
  • Zeit für sich ermöglichen: Pflege bedeutet permanente Präsenz, und jede Auszeit ist Gold wert. Übernimm für ein paar Stunden die Pflege, damit die pflegende Person Kraft tanken kann. Auch ein Spaziergang kann schon Wunder wirken.
  • Mut machen, lästig zu sein: Viele scheuen sich, Ansprüche zu stellen oder sich gegen Entscheidungen zu wehren. Motiviere pflegende Angehörige, für ihre Rechte einzutreten und nicht locker zu lassen, wenn es um Unterstützung geht.

Teile deine Erfahrungen – deine Stimme zählt!

Hast du selbst ähnliche Erfahrungen gemacht oder kennst jemanden, der pflegt? Dann teile deine Gedanken und Geschichten mit uns! Jede Erfahrung hilft uns allen, besser zu verstehen und zu unterstützen. Gemeinsam können wir ein Netzwerk schaffen, das trägt und hält – gerade dann, wenn die Welt ins Wanken gerät.

Demenz betrifft uns alle, und es braucht mehr Engagement, mehr Sichtbarkeit und vor allem mehr Mut, um Veränderungen anzustoßen.

Zum Schluss noch eine Frage: Ohne Kaffee? Ohne mich! Und du?

In diesem Sinne: Lasst uns den Kaffee genießen, die Kräfte sammeln und gemeinsam laut sein, wenn es darauf ankommt. ☕️


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